Hunger und Ernährung 2022

Lebensmittel aus der Permakultur: Lebensmittelproduktion bedarf natürlicher Ressourcen – für unsere Ernährung brauchen wir fruchtbare Böden, sauberes Wasser für Fischbestände in Binnengewässern und Meeren. Diese Ressourcen sind aber limitiert auf unserem Planeten und vielerorts schon schwer geschädigt oder zerstört. Darum wird es wegen der wachsenden Weltbevölkerung schwierig in Zukunft genügend gesunde Lebensmittel für alle Menschen herzustellen. Es gibt verschiedenen Lösungsansätze von manipulierten, ertragsreicheren oder auch salzwasserverträglicheren Pflanzen. Bietet hier die Permakultur eine ökologische Lösungsvariante?

Wie viele Menschen sind heute von Hunger betroffen?

Die Landwirtschaft erzeugt heute weltweit ausreichend Lebensmittel, um die gesamte Weltbevölkerung ernähren zu können. Dennoch leiden sehr viele Menschen auf der Welt an Hunger.

  • Unterernährung: Laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) gab es in den Jahren 2018 bis 2020 im Durchschnitt 683,9 Millionen unterernährte Menschen – das entsprach fast neun Prozent der Weltbevölkerung. Von Unterernährung spricht man, wenn ein Mensch über einen längeren Zeitraum nicht ausreichend Kalorien zu sich nimmt.
  • Mangelernährung: Kalorien sind aber nicht das einzige Problem. Lebensmittel müssen nicht nur in ausreichender Quantität, sondern auch in der richtigen Qualität zur Verfügung stehen. Weil eine gesunde Ernährung aber in der Regel teurer ist als eine ungesunde, können sich etwa 20 Prozent der Weltbevölkerung nicht die Lebensmittel leisten, die sie mit den nötigsten Vitaminen und Mineralstoffen versorgen würden. Man spricht in diesen Fällen auch von „verstecktem Hunger“, weil er auf den ersten Blick nicht sichtbar ist, aber die Gesundheit und das Wohlbefinden der Betroffenen beeinträchtigt. Nur etwa 60 Prozent aller Menschen weltweit haben die finanziellen Mittel für eine wirklich abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung. Eine Folge der einseitigen Versorgung mit Lebensmitteln kann Übergewicht sein. Inzwischen wird Adipositas insbesondere in einkommensschwachen Staaten nicht als Gegensatz, sondern als Ausdruck von Mangelernährung begriffen.
  • Nahrungsmittelunsicherheit: Sie tritt auf, wenn eine Person unter dem Risiko leidet, dass die notwendige Versorgung mit Nahrung nicht mehr sicherstellbar ist. Dies gilt grundsätzlich für alle von Hunger betroffenen Menschen. Im Jahr 2020 waren 30,4 Prozent aller Menschen weltweit von Nahrungsmittelunsicherheit betroffen.

 

Hunger und Ernährung

 

Wo hungern Menschen heute?

In absoluten Zahlen verzeichnet die Weltregion Asien die meisten unterernährten Menschen. Grundsätzlich hat sich die Situation hier in den letzten Jahren allerdings verbessert. Zwar leiden auch in Asien immer noch Millionen Menschen unter Hunger, aber ihr Anteil an der Einwohnerzahl ist deutlich gesunken. Im Jahr 2020 betrug die Prävalenz von Unterernährung 8,2 Prozent. In Lateinamerika und der Karibik lag der Anteil unterernährter Menschen bei 7,7 Prozent. Afrika war dagegen mit einer Prävalenz von 19 Prozent die am härtesten betroffene Region. Viele der Länder, die besonders stark von Hunger geplagt werden, liegen entsprechend auf dem afrikanischen Kontinent. Unter chronischer Unterernährung leidet nach Daten der FAO ein besonders hoher Anteil der Bevölkerung in der Zentralafrikanischen Republik (knapp 60 Prozent). Auch der Welthunger-Index, der neben der Kalorienzufuhr noch weitere Indikatoren berücksichtigt, listet insbesondere Länder in Afrika als stark von Hunger betroffen.

Entwicklung der letzten Jahre und aktuelle Situation

Über die letzten Jahrzehnte haben die Menschen Fortschritte bei der Bekämpfung des Welthungers gemacht. Die Prävalenz von Unterernährung ist deutlich zurückgegangen. Und obwohl es heute mehr Menschen auf der Erde gibt denn je, sterben weniger Menschen an Kalorienmangel als im 20. Jahrhundert. Allerdings zeichnet sich seit einigen Jahren eine Trendwende ab. In allen Weltregionen stagnierte oder stieg zuletzt die Zahl der chronisch unterernährten Menschen. Auch der Anteil der in Nahrungsmittelunsicherheit lebenden Menschen hat sich erhöht. Zudem herrschen in vielen Ländern aktuell auf Grund von Konflikten, Wirtschaftskrisen, der Corona-Pandemie, Missernten und/oder steigenden Nahrungsmittelpreisen schwere Hungerkrisen. Prognosen gehen davon aus, dass in den nächsten Jahren der Anteil unterernährter Menschen ansteigen wird.

Warum müssen Menschen hungern?

Das Recht auf ausreichende Nahrung ist ein Menschenrecht, das seit 1976 durch den UN-Sozialpakt völkerrechtlich verankert ist. Dass der Hunger trotzdem allgegenwärtig ist, hat viele Ursachen. Armut ist eine der Hauptursachen für Unter- und Mangelernährung weltweit: Wer für einen „Hungerlohn“ arbeiten muss, hat nicht genug Geld für Lebensmittel. Und schon gar nicht für teure aber wichtige Produkte wie Obst und Gemüse. Trifft  Armut auf Ereignisse, die Nahrungsmittelpreise in die Höhe treiben, eskaliert die Situation. Beispiel sind Kriege, Klimawandel und Epidemien. Auch die Corona-Pandemie hat zu deutlichen Rückschritten im Kampf gegen den Hunger geführt. Viele der akuten Hungerkrisen der Jahre 2020 und 2021 wurden nach Einschätzungen des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen durch die ökonomischen Folgen der Corona-Maßnahmen verschärft. Ein weiteres Beispiel ist der Krieg in der Ukraine, der die Lebensmittelpreise enorm ansteigen ließ.

Welternährung in der Zukunft

Im Jahr 2050 werden nicht mehr knapp acht, sondern vermutlich mehr als zehn Milliarden Menschen auf der Erde leben. Die Menschen werden also mehr Nahrung brauchen und wahrscheinlich – mit wachsendem Wohlstand – auch höhere Ansprüche entwickeln: Sie werden vor allem mehr Fleisch- und Milchprodukte konsumieren wollen. Um die Welt 2050 zu ernähren, muss die Agrarproduktion also enorm gesteigert werden. Weil aber die weltweite Landwirtschaft eng verknüpft ist mit anderen globalen Problemen wie Klimawandel, Bodenerosion, Artenschwund und Wassermangel, muss die Produktionssteigerung auf eine intelligente Weise geschehen: Welternährung bedeutet auch, dass Böden und Wasser nachhaltiger genutzt und das Klima und die Biodiversität besser geschützt werden müssen.

Ernährung Permakultur: Agrarflächen ausweiten?

Die Landoberfläche der Erde beträgt 13,4 Milliarden Hektar. Ein großer Teil dieser Fläche ist allerdings nicht oder nur sehr bedingt durch den Menschen nutzbar. Dazu zählen zum Beispiel Wüsten, Berge und Eisschilde, die gemeinsam etwa 4,3 Milliarden Hektar einnehmen. Rund zehn Prozent der globalen Landfläche sind dagegen heute bereits kultiviert, weitere 23 Prozent als Weidefläche genutzt. Damit ist das meiste Land der Erde, das für die Landwirtschaft geeignet ist, bereits belegt. Am meisten Raum für Expansion steht noch in den tropischen Bereichen Afrikas und Südamerikas bereit. Anders als in anderen Weltgegenden ist in tropischen Ländern die landwirtschaftliche Fläche in den letzten Jahrzehnten insgesamt gewachsen (und mit ihr auch der Anteil der Tropen an der globalen Agrarproduktion), allerdings zu einem sehr hohen Preis für Klima und Umwelt. Auch das Bewässern von Trockengebieten ist eine Lösung zur Schaffung weiterer Ackerflächen. doch hier sind große Teile der Böden bereits in einem schlechten Zustand und der Klimawandel verschärft das Risiko für vernichtende Dürren.

Können die Erträge weiter gesteigert werden?

Besonders die moderne Landwirtschaft der westlichen Industrienationen setzte die letzten Jahrzehnte auf Ertragsteigerungen durch Flächenbewirtschaftung, Monokultur, Einsatz von Kunstdünger, Pestiziden, Herbiziden, gentechnisch manipuliertem Saatgut etc. (grüne Revolution). Ein Bauer in Deutschland ernährte im Jahr 1949 durchschnittlich zehn Menschen, 2019 bereits 137 Menschen.

Global betrachtet liegt ein großer Teil der Agrarwirtschaft allerdings nicht in der Hand moderner Landwirtschaftsbetriebe, sondern diese bewirtschaften Kleinbauern (Landwirtschaftsfläche rund 1.6 ha). Diese sind wichtig für die regionale Versorgung, arbeiten aber oft unproduktiv. Darum sind hier Ertragssteigerungen gut möglich. Allerdings bringt eine intensivierte Landwirtschaft oft auch langfristige ökologische Probleme mit sich. Zum Beispiel ist der Einsatz von Pestiziden eine der Ursachen für das weltweite Insektensterben. Eine umweltfreundliche Modernisierung der Landwirtschaft sollte also das Ziel sein. Allerdings ist dieser Weg oft nicht im Interesse großer Agrarkonzerne, die wiederum Einfluss auf Regierungen und wichtige Akteure der Wirtschaft nehmen.

Bietet hier die Permakultur Lösungen?

Lebensmittel aus der Permakultur: Umstellung der Essgewohnheiten

Tendenziell steigt die Nachfrage nach tierischen Eiweißen bedingt durch Bevölkerungswachstum, aber auch Angleich an den westlichen Lebensstandard in den nächsten Jahrzehnten. Für eine nachhaltige Welternährung ist es wichtig, diesen Trend zumindest dort umzukehren, wo bereits heute der Konsum von Milch- und Fleischprodukten hoch ist. Denn die Produktion von tierischen Eiweißen ist aus mehreren Gründen problematisch: Sie verbraucht zum Beispiel viel Wasser und verursacht klimaschädliche Gase. Vor allem aber beansprucht sie sehr viel Platz: Von der Fläche, die weltweit für die Landwirtschaft genutzt wird, dienen bereits etwa zwei Drittel als Weideland. Viele Nutztiere leben heute aber gar nicht mehr auf Weiden, sondern werden in Ställen gehalten und zum Beispiel mit Mais oder Soja gefüttert. Geschätzt wird auf etwa 33 Prozent der weltweiten Fläche, die für den Anbau von Pflanzen genutzt wird, Tierfutter produziert. In der Europäischen Union liegt diese Zahl sogar noch höher: Hier mutiert rund 60 Prozent des angebauten Getreides zu Tierfutter. Weitere Flächen gehen der Lebensmittelversorgung durch Biogasanlagen verloren, die durch staatliche Förderungen um die Jahrtausendwende wie Pilze aus dem Boden schossen. Sind Lebensmittel aus der Permakultur ausreichend vorhanden oder was gilt es zu tun?